Die Welt als Phantom und Matrize

Philosophische Betrachtungen über Rundfunk und Fernsehen

 

Da es dem König aber wenig gefiel, daß sein Sohn, die kontrollierten Straßen verlassend, 
sich querfeldein herumtrieb, um sich selbst ein Urteil über die Welt zu bilden, 
schenkte er ihm Wagen und Pferd. 

"Nun brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen", waren seine Worte. 
"Nun darfst du es nicht mehr", waren deren Sinn. 
"Nun kannst du es nicht mehr", deren Wirkung.

Aus: "Kindergeschichten"


I

Die ins Haus gelieferte Welt

§  1 
Kein Mittel ist nur Mittel

 

Die erste Reaktion auf die Kritik, der Rundfunk und Fernsehen hier unterzogen werden, wird lauten: Eine solche Verallge­meinerung sei verboten; es komme ausschließlich darauf an, was wir aus diesen Einrichtungen "machen"; wie wir uns ihrer bedienen; für welche Zwecke wir sie als Mittel einsetzen: Ob für gute oder für schlechte, für humane oder für inhumane, für soziale oder für antisoziale. 

Dieses, aus der Epoche der ersten industriellen Revolution stammende, optimistische Argument — sofern man eine Redensart so nennen kann — ist ja bekannt; und in allen Lagern lebt es mit der gleichen Unbedenklichkeit fort.

Seine Gültigkeit ist mehr als zweifelhaft. Die Freiheit der Verfügung über Technik, die es unterstellt; sein Glaube, daß es Stücke unserer Welt gebe, die nichts als "Mittel" seien, denen ad lib. "gute Zwecke" angehängt werden könnten, ist reine Illusion. Die Einrichtungen selbst sind Fakten; und zwar solche, die uns prägen. Und diese Tatsache, daß sie uns, gleich welchem Zwecke wir sie dienstbar machen, prägen, wird nicht dadurch, daß wir sie verbal zu "Mitteln" degradieren, aus der Welt geschafft. 

In der Tat hat die grobe Zerspaltung unseres Lebens in "Mittel" und "Zwecke", wie sie in diesem Argument vollzogen wird, mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Unser von Technik erfülltes Dasein zerfällt nicht in einzelne, säuberlich gegeneinander abgegrenzte, Wegstücke, von denen sich die einen durch das Straßenschild "Mittel", die anderen 

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durch das "Zwecke" ausweisen. Legitim ist diese Aufteilung nur bei Einzelhandlungen und isolierten maschinellen Prozeduren. Dort, wo es ums ,,Ganze" geht, in der Politik oder in der Philosophie, nicht. Wer unser Leben als ganzes mit Hilfe dieser zwei Kategorien artikuliert, betrachtet es nach dem Modell der zweckbestimmten Handlung, ja bereits als technischen Vorgang: was Zeugnis gerade jener Barbarei ist, über die man, namentlich wenn sie als Maxime "der Zweck heiligt die Mittel" auftritt, so gerne empört ist. Die Abweisung dieser Formel bezeugt die gleiche Plumpheit wie deren (übrigens höchst selten ausdrückliche) Bejahung: denn auch der Abweisende bejaht ja, wenn auch ohne es auszusprechen, die Rechtmäßigkeit der zwei Kategorien; auch er konzediert ja, daß deren Anwendung auf das Leben als ganzes legitim sei. Eigentliche Humanität beginnt aber erst dort, wo diese Unterscheidung sinnlos wird: wo Mittel sowohl wie Zwecke von Lebensstil und Sitte derart imprägniert sind, daß angesichts von Einzelstücken des Lebens oder der Welt gar nicht mehr erkannt, ja gar nicht mehr gefragt werden kann, ob es sich bei ihnen um "Mittel" handele oder um "Zwecke"; erst dort,

"wo der Gang zum Brunnen
so gut ist wie der Trunk".

 

Natürlich können wir das Fernsehen zu dem Zwecke verwenden, um an einem Gottesdienst teilzunehmen. Was uns dabei aber, ob wir es wollen oder nicht, genau so stark "prägt" oder "verwandelt" wie der Gottesdienst selbst, ist die Tatsache, daß wir an ihm gerade nicht teilnehmen, sondern allein dessen Bild konsumieren. Dieser Bilderbuch-Effekt ist aber offensichtlich von dem "bezweckten" nicht nur verschieden, sondern dessen Gegenteil. Was uns prägt und entprägt, was uns formt und entformt, sind eben nicht nur die durch die "Mittel" vermittelten Gegenstände, sondern die Mittel selbst, die Geräte selbst: die nicht nur Objekte möglicher Verwendung sind, sondern durch ihre festliegende Struktur und Funktion ihre Verwendung bereits festlegen und damit auch den Stil unserer Beschäftigung und unseres Lebens, kurz: uns. 

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Als Leser der folgenden Seiten habe ich die Konsumenten im Auge, also die Hörer und Zuschauer. Berufsphilosophen und Rundfunk- oder Fernsehfachleute erst in zweiter Linie. Philosophen wird der Gegenstand fremd sein; Fachleuten die Weise, in der ich ihn behandle. — Freilich wende ich mich nicht an alle Konsumenten, sondern nur an diejenigen, denen es schon einmal passiert ist, daß sie während oder nach einer Sendung gestutzt haben, um sich zu fragen: "Ja, was tue ich denn da eigentlich? Ja, was tut man mir denn da eigentlich?"  Den so Stutzenden sollen im folgenden ein paar Aufklärungen gegeben werden. —

 

§  2 
Massenkonsum findet heute solistisch statt — 
Jeder Konsument ist ein unbezahlter Heimarbeiter für die Herstellung des Massenmenschen

 

Ehe man die Kulturwasserhähne der Radios in jeder ihrer Wohnungen installiert hatte, waren die Schmids und Müllers, die Smiths und Millers in die Kinos zusammengeströmt, um die für sie in Masse und stereotyp hergestellte Ware kollektiv, also auch als Masse, zu konsumieren. Es läge nahe, in dieser Situation eine gewisse Stileinheit: eben die Kongruenz von Massenproduktion und Massenkonsum, zu sehen; aber das wäre schief. Nichts widerspricht den Absichten der Massenproduktion schroffer als eine Konsumsituation, in der ein und dasselbe Exemplar (oder eine und dieselbe Reproduktion) einer Ware von mehreren oder gar zahlreichen Konsumenten zugleich genossen wird. Für das Interesse der Massenproduzenten bleibt es dabei gleichgültig, ob dieser gemeinsame Konsum ein "echtes Gemeinschaftserlebnis" darstellt, oder nur die Summe vieler Individualerlebnisse. Worum es ihnen geht, ist nicht die massierte Masse als solche, sondern die in eine möglichst große Anzahl von Käufern aufgebrochene Masse; nicht die Chance, daß alle dasselbe konsumieren, sondern daß jedermann auf Grund gleichen Bedarfs (für dessen Produktion man gleichfalls zu sorgen hat) das Gleiche kaufe. In zahllosen Industrien ist 

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dieses Ideal vollständig, oder doch nahezu, erreicht. Daß es von der Filmindustrie optimal erreicht werden kann, scheint mir fraglich. Und zwar deshalb, weil diese, die Theatertradition fortsetzend, ihre Ware noch als eine Schau für Viele zugleich serviert. Das stellt zweifellos einen altertümlichen Restbestand dar. Kein Wunder, daß die Rundfunk- und TV-Industrie mit dem Film trotz dessen gigantischer Entwicklung, in Wettbewerb treten konnten: beide Industrien hatten eben die zusätzliche Chance, außer der zu konsumierenden Ware auch noch die für den Konsum erforderlichen Geräte als Waren abzusetzen; und zwar, im Unterschiede zum Film, an beinahe jedermann. Und ebensowenig erstaunlich, daß beinahe jedermann zugriff, da die Ware, im Unterschied zum Film, durch die Geräte ins Haus geliefert werden konnte. Bald saßen also die Schmids und die Smiths, die Müllers und die Millers an vielen jener Abende, die sie früher zusammen in Kinos verbracht hätten, zu hause, um Hörspiele oder die Welt zu ,,empfangen". Die im Kino selbstverständliche Situation: der Konsum der Massenware durch eine Masse, war hier also abgeschafft, was natürlich keine Minderung der Massenproduktion bedeutete; vielmehr lief die Massenproduktion für den Massenmenschen, ja die des Massenmenschen selbst, auf täglich höheren Touren.

Millionen von Hörern wurde das gleiche Ohrenfutter serviert; jeder wurde durch dieses en masse Hergestellte als Massenmensch, als "unbestimmter Artikel", behandelt; jeder in dieser seiner Eigenschaft, bzw. Eigenschaftslosigkeit, befestigt. Nur, daß eben, und zwar durch die Massenproduktion der Empfangsgeräte, der kollektive Konsum überflüssig geworden war. Die Schmids und die Smiths konsumierten die Massenprodukte nun also en famille oder gar allein; je einsamer sie waren, um so ausgiebiger: der Typ des Massen-Eremiten war entstanden; und in Millionen von Exemplaren sitzen sie nun, jeder vom anderen abgeschnitten, dennoch jeder dem anderen gleich, einsiedlerisch im Gehäus — nur eben nicht um der Welt zu entsagen, sondern um Gottes willen keinen Brocken Welt in effigie zu versäumen.

Daß die Industrie ihren noch vor einem Menschenalter unangefochtenen Grundsatz der Zentralisierung, zumeist aus strategischen Gründen, zu Gunsten des Prinzips der "Streuung" auf-

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gegeben hat, weiß jeder. Nicht dagegen, daß dieses Prinzip der Streuung heute auch schon für die Produktion des Massen­menschen gilt. Ich sage: zu dessen Produktion, obwohl wir eben ja nur von gestreutem Konsum gesprochen hatten. Aber dieser Sprung vom Konsum zur Produktion ist hier deshalb berechtigt, weil die beiden auf eigentümliche Weise zusammenfallen; weil (in einem nicht-materialistischen Sinne) der Mensch das "ist was er ißt": Massenmenschen produziert man ja dadurch, daß man sie Massenware konsumieren läßt; was zugleich bedeutet, daß sich der Konsument der Massenware durch seinen Konsum zum Mitarbeiter bei der Produktion des Massenmenschen (bzw. zum Mitarbeiter bei der Umformung seiner selbst in einen Massen­menschen) macht. 

Konsum und Produktion fallen hier also zusammen. Geht der Konsum "gestreut" vor sich, so die Produktion des Massen­menschen gleichfalls. Und zwar eben überall dort, wo der Konsum stattfindet: vor jedem Rundfunkgerät; vor jedem Fernsehapparat. Jedermann ist gewissermaßen als Heimarbeiter angestellt und beschäftigt. Freilich als ein Heimarbeiter höchst ungewöhnlicher Art. Denn er leistet ja seine Arbeit: die Verwandlung seiner selbst in einen Massenmenschen, durch seinen Konsum der Massenware, also durch Muße. — Während der klassische Heimarbeiter Produkte hergestellt hatte, um sich das Minimum an Konsumgütern und an Muße zu sichern, konsumiert nun der heutige ein Maximum an Mußeprodukten, um den Massenmenschen mitzuproduzieren. Vollends paradox wird der Vorgang dadurch, daß der Heimarbeiter, statt für diese seine Mitarbeit entlohnt zu werden, selbst für sie zu zahlen hat; nämlich für die Produktionsmittel (das Gerät und, jedenfalls in vielen Ländern, auch für die Sendungen), durch deren Verwendung er sich in den Massenmenschen verwandeln läßt. Er zahlt also dafür, daß er sich selbst verkauft; selbst seine Unfreiheit, sogar die, die er mitherstellt, muß er, da auch diese zur Ware geworden ist, käuflich erwerben. —

Aber auch wenn man diesen befremdlichen Schritt, im Konsumenten der Massenware den Mitarbeiter bei der Produktion des Massenmenschen zu sehen, ablehnt, wird man doch nicht bestreiten können, daß zur Herstellung des heute gewünschten Typs von Massenmenschen die effektive Vermassung in Form der Massen-

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versammlung nicht mehr erforderlich ist. Le Bons Beobachtungen über die den Menschen verändernden Massensituationen sind altertümlich geworden, da die Entprägung der Individualität und die Einebnung der Rationalität bereits zu Hause erledigt werden. Massenregie im Stile Hitlers erübrigt sich: Will man den Menschen zu einem Niemand machen (sogar stolz darauf, ein Niemand zu sein), dann braucht man ihn nicht mehr in Massenfluten zu ertränken; nicht mehr in einen, aus Masse massiv hergestellten, Bau einzubetonieren. Keine Entprägung, keine Entmachtung des Menschen als Menschen ist erfolgreicher als diejenige, die die Freiheit der Persönlichkeit und das Recht der Individualität scheinbar wahrt. Findet die Prozedur des "conditioning" bei jedermann gesondert statt: im Gehäuse des Einzelnen, in der Einsamkeit, in den Millionen Einsamkeiten, dann gelingt sie noch einmal so gut. Da die Behandlung sich als "fun" gibt; da sie dem Opfer nicht verrät, daß sie ihm Opfer abfordert; da sie ihm den Wahn seiner Privatheit, mindestens seines Privatraums, beläßt, bleibt sie vollkommen diskret. Wahrhaftig, das alte Wort, daß "eigner Herd Goldes wert" sei, ist von neuem wahr geworden; wenn auch in einem völlig neuen Sinne. Denn Goldes wert ist er nun nicht für den Eigentümer, der die conditioning Suppe auslöffelt; sondern für die Eigentümer der Herdeigentümer: die Köche und Lieferanten, die die Suppe den Essern als Hausmannskost vorsetzen.

 

§  3 
Radio und Bildschirm werden zum negativen Familientisch;
die Familie wird zum Publikum en miniature

 

Daß dieser Massenkonsum gewöhnlich nicht bei seinem rechten Namen genannt wird, versteht sich. Im Gegenteil: man stellte ihn als Chance für eine Renaissance der Familie und der Privatheit dar — was zwar begreiflich, aber eben eine begreifliche Heuchelei ist: Auf nichts berufen sich ja neue Erfindungen so gerne wie auf jene alten Ideale, die unter Umständen als kaufhemmende Kräfte auftreten könnten. "Die französische Familie hat entdeckt", heißt

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es in der Wiener "Presse" vom 24.12.54, "daß das Fernsehen ein ausgezeichnetes Mittel ist, die jungen Leute von kostspieligem Zeitvertreib abzuhalten, die Kinder ans Haus zu fesseln ... und den Zusammenkünften der Familie einen neuen Reiz zu geben."

Die Chance, die diese Art von Konsum in Wirklichkeit enthält, besteht umgekehrt darin, die Familie vollends aufzulösen, freilich so, daß diese Auflösung das Aussehen trauten Familienlebens beibehält oder gar annimmt. Aber aufgelöst wird sie: denn was nun durch TV zu Hause herrscht, ist die gesendete — wirkliche oder fiktive — Außenwelt; und diese herrscht so unumschränkt, daß sie damit die Realität des Heims — nicht nur die der vier Wände und des Mobiliars, sondern eben die des gemeinsamen Lebens, ungültig und phantomhaft macht. Wenn das Ferne zu nahe tritt, entfernt oder verwischt sich das Nahe. Wenn das Phantom wirklich wird, wird das Wirkliche phantomhaft. 

Das wirkliche Heim ist nun zum „Container" degradiert, seine Funktion erschöpft sich darin, den Bildschirm für die Außenwelt zu enthalten. „Fürsorger", heißt es in einer WP-Meldung vp, 2.10.54 aus London, „holten aus einer Wohnung im Osten Londons zwei verwahrloste Kinder im Alter von ein und drei Jahren heraus. Das Zimmer, in dem die Kinder spielten, war nur mit einigen zerbrochenen Stühlen möbliert. In einer Ecke aber stand ein pompöser neuer Fernsehempfänger. Die einzigen im Haushalt vorhandenen Nahrungsmittel waren eine Scheibe Brot, ein Pfund Margarine und eine Büchse Kondensmilch." 

Die letzten Reste dessen, was auch in standardisiertesten Ländern an häuslichem Milieu, an gemeinsamem Leben, an Atmosphäre noch bestanden hatte, sind damit liquidiert. Ohne daß auch nur ein Wettstreit zwischen dem Reich des Heims und dem der Phantome ausbräche, ohne daß er auch nur auszubrechen brauchte, hat dieses bereits in dem Augenblicke gewonnen, in dem der Apparat seinen Einzug in die Wohnung hält: er kommt, macht sehen, und hat schon gesiegt. Sofort rieselt es im Gemäuer, die Wände werden durchsichtig, der Kitt zwischen den Familienmitgliedern zerbröselt, die gemeinsame Privatheit ist zerfallen.

Schon vor Jahrzehnten hatte man beobachten können, daß das soziale Symptommöbel der Familie: der massive, in der Mitte des Zimmers stehende, die Familie um sich versammelnde Wohnzim- 

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mertisch seine Gravitationskraft einzubüßen begann, obsolet wurde, bei Neu-Einrichtungen überhaupt schon fortblieb. Nun erst hat er, eben im Fernsehapparat, einen echten Nachfolger gefunden; nun erst ist er durch ein Möbel abgelöst, dessen soziale Symbol- und Überzeugungskraft sich mit der des Tisches messen darf; was freilich nicht besagt, daß TV nun zum Zentrum der Familie geworden wäre. Im Gegenteil: was der Apparat abbildet und inkarniert, ist gerade deren Dezentralisierung, deren Ex-zentrik; er ist der negative Familientisch.  

Nicht den gemeinsamen Mittelpunkt liefert er, vielmehr ersetzt er diesen durch den gemeinsamen Fluchtpunkt der Familie. Während der Tisch die Familie zentripetal gemacht und die um ihn Sitzenden dazu angehalten hatte, die Weberschiffchen der Interessen, der Blicke, der Gespräche hin und her spielen zu lassen und am Tuche der Familie weiterzuweben, richtet der Bildschirm die Familie zentrifugal aus. Tatsächlich sitzen ja die Familienmitglieder nun nicht einander gegenüber, die Stuhlanordnung vor dem Schirm ist bloße Juxtaposition, die Möglichkeit, einander zu sehen, einander anzusehen, besteht nur noch aus Versehen; die, miteinander zu sprechen (wenn man das überhaupt noch will und kann), nur noch durch Zufall. Nicht mehr zusammen sind sie, sondern nur noch beieinander, nein nebeneinander, bloße Zuschauer. Von einem Tuch, an dem sie gemeinsam webten; von einer Welt die sie gemeinsam ausmachten, oder an der sie gemeinsam teilnähmen, kann keine Rede mehr sein. Was vor sich geht, ist allein, daß die Familienmitglieder gleichzeitig, im besten Falle zusammen, niemals aber gemeinsam dem Fluchtpunkt entgegen in ein Reich der Unwirklichkeit ausfliegen oder in eine Welt, die sie eigentlich (da auch sie selbst ja nicht wirklich an ihr teilnehmen) mit niemandem teilen; oder wenn teilen, so nur mit allen jenen Millionen von „Solisten des Massenkonsums", die ihnen gleich und die gleichzeitig mit ihnen ihren Bildschirm anstarren. Die Familie ist nun in ein Publikum en miniature umstrukturiert, das Wohnzimmer zum Zuschauerraum en miniature und das Kino zum Modell des Heims gemacht. Wenn es noch etwas gibt, was die Familienmitglieder nicht nur gleichzeitig, nicht nur nebeneinander, sondern wirklich gemeinsam erleben oder unternehmen, so ist es allein die Hoffnung auf jene Zeit, so allein die Arbeit für jene

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Stunde, in der der Apparat endgültig abgestottert und ihre Gemeinsamkeit ein für alle Male beendet sein wird. Das unbewußte Ziel ihrer letzten Gemeinsamkeit ist also deren Erlöschen.

 

§  4
Da die Geräte uns das Sprechen abnehmen, 
verwandeln sie uns in Unmündige und Hörige

 

Wir sagten: Die vor dem Bildschirm Sitzenden sprächen, sofern sie das überhaupt noch wollen oder können, nur noch durch Zufall miteinander.

Das gilt nun auch schon von den Rundfunkhörern. Auch. sie sprechen nur noch versehentlich. Und wirklich wollen und können sie es von Tag zu Tag weniger — was freilich nicht bedeutet, daß sie in positiven Sinne schweigsam würden; sondern allein, daß ihre Verschwatztheit nun eine passive Form annimmt. Wenn es in unserer Motto-Fabel geheißen hatte, aus den Worten des Königs: „Nun brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen" sei schließlich ein: „Nun kannst du es nicht mehr" geworden, so wird nun für uns aus dem: „Nun braucht ihr nicht mehr selbst zu reden", ein: „Nun könnt ihr es nicht mehr." Da uns die Geräte das Sprechen abnehmen, nehmen sie uns auch die Sprache fort; berauben sie uns unserer Ausdrucksfähigkeit, unserer Sprachgelegenheit, ja unserer Sprachlust — genau so wie uns Grammophon- und Radiomusik unserer Hausmusik beraubt.

Die Liebenden, die mit einem sprechenden „portable" am Ufer des Hudson, der Themse oder der Donau spazieren gehen, sprechen nicht zueinander, sondern hören einer dritten Person zu: der öffentlichen, zumeist anonymen Stimme des Programms, die sie, einem Hündchen gleich, spazieren führen, richtiger: von der sie sich spazieren führen lassen. Ihre Promenade machen sie, da sie eben nur das Miniaturpublikum sind, das der Stimme des Programms folgt, nicht zu Zweien, sondern zu Dritt. Von einer intimen Sprechsituation kann also gar keine Rede sein, diese ist von vornherein aufgehoben; und wenn es zwischen den

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Zweien trotzdem zu Intimitäten kommt, so verdanken sie Anleitung und Anregung dazu, ja selbst die Erregung, nicht eigentlich einander, sondern eben der dritten Person: der heiser oder schwül sprechenden oder krähenden Stimme des Programms, die — denn was heißt „Programm" anderes? — den beiden vorschreibt, was und wie zu fühlen oder zu tun an der Tages- oder Nachtordnung ist. Da sie das Vorgeschriebene in Gegenwart der Dritten tun, tun sie es also in einer akustisch indiskreten Situation. Wie unterhaltend diese ihre Folgsamkeit den Zweien auch vorkommen mag, daß sie sich miteinander unterhalten, kann man nicht mehr behaupten. Viel mehr werden sie, eben von jener Dritten, die allein Stimme hat, unterhalten: Und diese unterhält sie nicht nur im Sinne von „converser"; auch nicht nur im Sinne von „amuser"; sondern auch, da sie ihnen, als Dritte im Bunde, jenen Halt und jene Stütze verleiht, die sie, nicht wissend was sie miteinander anfangen sollen, einander nicht geben können, im Sinne von „soutenir". Daß selbst das faire amour von heute zumeist bei Radiobegleitung vor sich geht (und nicht nur bei „swooning" erzeugender musikalischer), braucht ja einer Welt, die das nicht nur weiß, sondern als Selbstverständlichkeit praktiziert, nicht schamhaft verschwiegen zu werden. 

In der Tat entspricht das heute in jeder Situation zugelassene oder gewünschte Radio jener fackelhaltenden Schaffnerin, die die Alten als Zeugin ihrer Liebesfreuden in Anspruch nahmen; und der Unterschied zwischen den beiden besteht allein darin, daß die heutige Schaffnerin eine mechanisierte „public utility" ist; daß sie mit ihrer Fackel nicht nur leuchten, sondern auch erhitzen soll; und daß sie um Gottes willen nicht den Mund halten, sondern im Gegenteil geschwätzig sein soll, damit sie als Geräuschhintergrund jenen horror vacui, von dem die Zwei selbst in actu nicht losgelassen werden, mit Songs übertöne oder mit Worten überrede. Dieser „background" ist so fundamental wichtig, daß man ihn sogar in den seit 1954 aufkommenden „voicepondences", d. h. den besprochenen Magnetophonbändern, die man einander zuschickt, übernommen hat. Spricht ein Liebender einen solchen Analphabetenliebesbrief, dann spricht er auf eine akustisch, nämlich musikalisch bereits vor- , bereitete Grundierung, weil „nichts als seine Stimme" für seine

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angebetete Empfängerin wahrscheinlich ein zu nacktes Geschenk bliebe. Was heim Empfang wirklich sprechen oder ansprechen soll, gewissermaßen als Ding gewordener Brautwerber, ist wiederum die dritte Stimme.

Aber die Liebessituation ist nur ein Beispiel, das krasseste. In ähnlichem Sinne unterhalten lassen sie sich in jeder Situation, ja bei jeder Beschäftigung; und selbst dann, wenn sie versehentlich miteinander reden, redet hinter ihnen, als Hauptperson, als Tenor, die Stimme des Rundfunks und gibt ihnen das tröstliche und sichere Gefühl, daß sie das auch dann noch tun wird, wenn sie selbst sich schon ausgeredet haben werden. Selbst nach ihrem Tode.

Eigentlich haben sie, da ihnen das Sprechen nun verbürgt ist und fertig geliefert ins Ohr geträufelt wird, aufgehört, XXX [griechische Buchstaben -OD] zu sein; genau so wie sie aufgehört haben, als Brotesser noch homines fabri zu sein: Denn so wenig wie sie ihr Brot noch selbst backen, formen sie selbst ihre Wortnahrung. Worte sind für sie nicht mehr etwas, was man spricht, sondern etwas, was man nur hört; Sprechen ist für sie nicht mehr etwas, was man tut, sondern etwas, was man erhält. Daß sie dadurch den Logos in einem ganz anderen Sinne „haben", als Aristoteles es in seiner Definition gemeint hatte, liegt auf der Hand; und ebenso, daß sie dadurch, im etymologischen Sinne des Wortes, zu infantilen: eben unmündigen, nicht sprechenden, Wesen werden. — Gleich, in welchem zivilisatorisch-politischen Raum diese Entwicklung in Richtung zum XXX [griech. Buchstaben -OD]  vor sich und weiter geht, der Endeffekt, in dem sie mündet, muß überall der gleiche sein: Nämlich in einem Typ von Menschen bestehen, der, da er selbst nicht mehr spricht, nichts mehr zu sagen hat; und der, weil er nur hört, und zwar immerfort, ein "Höriger" ist. 

Die erste Wirkung dieser Beschränkung aufs Nur-hören ist jetzt schon deutlich. Er besteht in einer, in allen Kultursprachen stattfindenden, Sprachvergröberung, -verarmung und -unlust.* 

Aber nicht nur in dieser, sondern auch in Vergröberung und Verarmung des Erlebens, also des Menschen selbst; und zwar deshalb, weil das „Innere" des Menschen: dessen Reichtum und Sublilität, ohne Reichtum und Subtilität der Rede keinen Bestand hat; weil nicht nur gilt, daß die Sprache der Ausdruck des Menschen ist, sondern auch, daß der Mensch das Produkt seines

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Sprechens ist; kurz: weil der Mensch so artikuliert ist, wie er selbst artikuliert; und so unartikuliert wird, wie er nicht artikuliert.*

 

§  5
Die Ereignisse kommen zu uns, nicht wir zu ihnen

 

Die Behandlung des Menschen geht als Belieferung ins Haus vor sich, die sich von der mit Gas oder Elektrizität in nichts unterscheidet. Was zugestellt wird, sind aber nicht nur Kunstprodukte, nicht nur etwa Musik oder Hörspiele, sondern die wirklichen Geschehnisse, gerade diese. Mindestens diejenigen, die als „Wirklichkeit" oder an Stelle dieser für uns ausgewählt, chemisch gereinigt und präpariert werden. Wer „im Bilde sein", wer wissen will, was es draußen gibt, der hat sich nach Haus zu begeben, wo die Ereignisse, „zum Schauen bestellt", schon darauf warten, Leitungswasser gleich für ihn aus dem Rohr zu schießen. Wie sollte er auch draußen, im Chaos des Wirklichen, in der Lage sein, irgendein Wirkliches von mehr als lokaler Bedeutung herauszupicken? Denn die Außenwelt verdeckt die Außenwelt. Erst wenn die Tür hinter uns ins Schloß gefallen ist, wird das Draußen uns sichtbar; erst wenn wir zu fensterlosen Monaden geworden sind, reflektiert sich uns das Universum; erst wenn wir uns dem Turm derart verschworen haben, daß wir, statt auf ihm, in ihm sitzen, fällt uns die Welt zu, gefällt uns die Welt, werden wir Lynkeus.* 

An die Stelle der Duodez-Versicherung: „Sieh, das Gute liegt so nah", das unsre Väter über die Frage: „Warum in die Ferne schweifen?" hatte hinwegtrösten sollen, hätte heute die Versicherung zu treten: „Sieh, das Ferne liegt so nah"; wenn nicht sogar die: „Sieh, nur Fernes liegt noch nah." Und damit sind wir beim Thema. Denn daß die Ereignisse — diese selbst, nicht nur Nachrichten über sie — daß Fußballmatches, Gottesdienste, Atomexplosionen uns besuchen; daß der Berg zum Propheten, die Welt zum Menschen, statt er zu ihr kommt, das ist, neben der Herstellung des Masseneremiten und der Verwandlung der Familie in ein Miniaturpublikum, die eigentlich umwälzende Leistung, die Radio und T.V. gebracht haben.*

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Diese dritte Umwälzung ist nun der eigentliche Gegenstand unserer Untersuchung. Denn diese beschäftigt sich fast ausschließlich mit den eigentümlichen Veränderungen, die der Mensch als mit Welt beliefertes Wesen durchmacht; und mit den nicht weniger eigentümlichen Folgen, die die Weltlieferung für den Weltbegriff und für die Welt selbst nach sich ziehen. Um zu zeigen, daß hier wirklich philosophische Fragen vorliegen, seien, erst einmal in noch kaum systematischer Reihenfolge, einige jener Konsequenzen genannt, die im Lauf der Untersuchung durchgesprochen werden sollen.

1.     Wenn die Welt zu uns kommt, statt wir zu ihr, so sind wir nicht mehr „in der Welt", sondern ausschließlich deren schlaraffenlandartige Konsumenten.

2.     Wenn sie zu uns kommt, aber doch nur als Bild, ist sie halb an- und halb abwesend, also phantomhaft.

3.     Wenn wir sie jederzeit zitieren (zwar nicht verwalten, aber an- und ausschalten können), sind wir Inhaber gottähnlicher Macht.

4.     Wenn die Welt uns anspricht, ohne daß wir sie ansprechen können, sind wir dazu verurteilt, mundtot, also unfrei zu sein.

5.     Wenn sie uns vernehmbar ist, aber nur das, also nicht behandelbar, sind wir in Lauscher und Voyeurs verwandelt.

6.     Wenn ein an einem bestimmten Orte stattfindendes Ereignis versandt und als „Sendung" zum Auftreten an jedem anderen Orte veranlaßt werden kann, dann ist es in ein mobiles, ja in ein fast omnipräsentes, Gut verwandelt, und hat seine Raumstelle als principium individuationis eingebüßt.

7.     Wenn es mobil ist und in virtuell zahllosen Exemplaren auftritt, dann gehört es, seiner Gegenstandsart nach, zu Serienprodukten; wenn für die Zusendung des Serienproduktes gezahlt wird, ist das Ereignis eine Ware.

8.     Wenn es erst in seiner Reproduktionsform also als Bild sozial wichtig wird, ist der Unterschied zwischen Sein und Schein, zwischen Wirklichkeit und Bild aufgehoben.

9.     Wenn das Ereignis in seiner Reproduktionsform sozial wichtiger wird als in seiner Originalform, dann muß das Original sich nach seiner Reproduktion richten, das Ereignis also zur bloßen Matrize ihrer Reproduktion werden.

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10. Wenn die dominierende Welterfahrung sich von solchen Serienprodukten nährt, dann ist (sofern man unter ,,Welt" noch dasjenige versteht, worin wir sind), der Begriff ,,Welt" abgeschafft, die Welt verspielt, und die durch die Sendungen hergestellte Haltung des Menschen "idealistisch" gemacht. —

 

Daß es an philosophischen Problemen nicht mangelt, ist also wohl deutlich genug. Alle hier genannten werden nun im Verlaufe der Untersuchung durchgesprochen. Bis auf den letzten Punkt: den befremdlichen Gebrauch des Ausdrucks "idealistisch". Der soll deshalb sofort aufgeklärt werden.

 

Daß für uns als Radio- und Fernseh-Konsumenten die Welt nicht mehr als Außenwelt auftritt, in der wir sind, sondern als unsere, war schon in Punkt 1 formuliert worden. Tatsächlich ist die Welt ja auf eigentümliche Weise umgesiedelt: zwar befindet sie sich nicht, wie es in den Vulgärformeln des Idealismus heißt, ,,in unserem Bewußtsein" oder gar ,,in unserem Gehirn"; aber da sie doch von außen nach innen verlegt ist, da sie, statt draußen stattzufinden, nun in meinem Zimmer ihre Stätte gefunden hat, und zwar als zu konsumierendes Bild, als bloßes eidos, ähnelt die Verlegung der klassisch-idealistischen doch aufs frappanteste. Die Welt ist nun meine geworden, meine Vorstellung, ja sie hat sich, wenn man das Wort "Vorstellung" einmal im Doppelsinne: nicht nur im Schopenhauerschen, sondern im Theatersinne, zu verstehen bereit ist, in eine "Vorstellung für mich" verwandelt. In diesem ,,für mich" besteht nun das idealistische Element. Denn ,,idealistisch" im breitesten Sinne ist jede Attitüde, die die Welt in Meines, in Unseres, in etwas Verfügbares, kurz in ein Possessivum verwandelt: eben in meine ,,Vorstellung" oder in mein (Fichtesches) ,,Produkt des Setzens". Wenn der Terminus "idealistisch" hier überrascht, so nur deshalb, weil dieser gewöhnlich das Meinsein nur spekulativ beteuert, während er hier eine Situation bezeichnet, in der die Metamorphose der Welt in etwas, worüber ich verfüge, wirklich technisch durchgeführt ist. Daß auch schon die 

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bloße Beteuerung einem maßlosen Freiheitsanspruch entspringt, da in ihr die Welt eben als Eigentum reklamiert ist, ist offensichtlich. — Hegel hat den Ausdruck "Idealismus" in diesem breitesten Sinne gebraucht und sich in seiner "Philosophie des Rechts" nicht gescheut, das fressende Tier, sofern es sich Welt in Form von Beute aneignet, einverleibt und sich einbildet, also über sie als "seinige" verfügt, einen ,,Idealisten" zu nennen. — Fichte war Idealist, weil er die Welt als etwas von ihm "Gesetztes", als Produkt der Tathandlung seines Ichs, also als sein Produkt ansah. — Gemeinsam allen Idealismen im weitesten Sinne ist die Voraussetzung, daß die Welt für den Menschen, entweder als Gabe oder als in Freiheit Hergestelltes da sei - so daß der Mensch selbst nicht eigentlich zur Welt gehört; kein Weltstück, sondern den Gegenpol der Welt darstellt. Die Deutung dieser Gabe, dieses ,,Datums", als ,,Sinnesdatums" ist nur eine Spielart von Idealismus unter vielen, und wohl kaum dessen erheblichste.*

 

Wenn es von allen Spielarten des Idealismus gilt, daß sie die Welt in ein Possessivum ummünzen: in einen Herrschaftsbereich (Genesis); in ein Wahrnehmungsbild (Sensualismus); in ein Konsumgut (Hegels Tier); in ein Produkt des Setzens oder der Herstellung (Fichte); in Eigentum (Stirner) — so darf in unserem Falle der Ausdruck tatsächlich mit bestem Gewissen verwandt werden, da alle nur möglichen Nuancen des Possessivs hier vereinigt sind.

Wie weit also die Geräte des Rundfunks und des Fernsehens die Fenster zur Welt auch aufreißen mögen, zugleich machen sie den Weltkonsumenten zum ,,Idealisten". Natürlich klingt diese Behauptung, nachdem wir eben erst vom Siege der Außenwelt über die Innenwelt gesprochen hatten, befremdlich und widerspruchsvoll. Mir auch. 

Die Tatsache, daß man beide Behauptungen aufstellen kann, scheint eine Antinomie im Verhältnis Mensch-Welt anzuzeigen. Auf Anhieb ist diese Antinomie auch nicht aufzulösen. Wäre das möglich, dann würde sich unsere Untersuchung erübrigen. Denn diese ist durch den Widerspruch in Gang gebracht; und stellt in toto nichts anderes dar, als den Versuch, die widerspruchsvolle Situation aufzuklären.

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§ 6
 Da wir beliefert werden, gehen wir nicht auf Fahrt; 
bleiben wir unerfahren

 

Da wir es in einer Welt, die zu uns kommt, nicht nötig haben, eigens zu ihr hinzufahren, ist dasjenige, was wir bis gestern "Erfahrung" genannt hatten, überflüssig geworden. 

Die Ausdrücke "zur Welt kommen" und "erfahren" hatten bis vor kurzem für die philosophische Anthropologie ungewöhnlich ertragreiche Metaphern abgegeben.*

Als instinkt-armes Wesen hatte der Mensch, um auf der Welt zu sein, nachträglich, d.h.: a posteriori zu ihr zu kommen, sie zu erfahren und kennenzulernen, bis er angekommen und erfahren war; das Leben hatte in einer Entdeckungsreise bestanden; und mit Recht hatten die großen Erziehungsromane nichts anderes dargestellt, als die Wege, Umwege und Fahrtabenteuer, die er zu bestehen hatte, um, obwohl längst auf der Welt, schließlich doch bei ihr anzulangen. — Nun, da die Welt zu ihm kommt, zu ihm eingelassen wird, und zwar in effigie, so daß er sich auf sie nicht einzulassen braucht — ist diese Befahrung und Erfahrung überflüssig und, da Überflüssiges verkümmert, unmöglich geworden.* 

Daß der Typ des "Erfahrenen" von Tag zu Tag seltener wird, und die Einschätzung des Gealterten und Erfahrenen ständig abnimmt, ist ja offensichtlich. Da wir, ähnlich dem Flieger im Unterschiede zum Fußgänger, weg-unbedürftig geworden sind, verfällt auch die Kenntnis der Wege der Welt, die wir früher befahren, und die uns erfahren gemacht hatten; damit verfallen auch die Wege selbst.

Die Welt wird weglos. Statt daß wir selbst Wege zurücklegen, wird nun die Welt für uns "zurückgelegt" (im Sinne der reservierten Ware); und statt daß wir zu den Ereignissen hinfahren, werden diese nun vor uns aufgefahren. –

Dieses Bild unseres Zeitgenossen mag nun freilich im ersten Augenblicke verzeichnet aussehen. Denn es ist ja umgekehrt üblich, in Auto und Flugzeug die Symbole des heutigen Menschen zu sehen, ja man hat ihn sogar als "homo viator", das Wesen, das fährt, definiert (Gabriel Marcel). Mit wieviel Recht, ist aber eben die Frage. Auf sein Fahren legt er ja nicht deshalb Wert, weil er Interesse an 

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der Gegend nähme, die er durchfährt, oder an den Plätzen, an die er sich als Expreßgut expedieren läßt oder selbst expediert; nicht um erfahren zu werden, sondern deshalb, weil er nach Omnipräsenz hungert und nach rapidem Wechsel als solchem. Außerdem beraubt er sich ja grade durch die Schnelligkeit der Chance der Erfahrung (sosehr, daß ihm nun diese zur einzigen und letzten Erfahrung wird) — ganz davon zu schweigen, daß er durch die Egalisierung der Welt, die er effektiv durchführt, die Zahl der erfahrungswürdigen und erfahren machenden Gegenstände tatsächlich vermindert; und daß er sich schon heute, wo immer er landet, erfahrungsunbedürftig bei sich zu Hause vorfindet.

"Mit uns", ermuntert sogar das Plakat einer bekannten Fluglinie in Worten, die Provinzialismus mit Globalismus aufs Verwirrendste verbinden, "mit uns reist du überallhin wie zu Hause". 

"Wie zu Hause": es ist also durchaus nicht unbegründet, anzunehmen, daß für den Menschen von heute jede Reise (und erlaubt sie ihm selbst, elektrisch geheizt, den Nordpol tief unter sich, seinem Reiseziel entgegenzuschlafen) bereits etwas Altertümliches darstelle, eine unbequeme und unzulängliche, weil eben in falscher Richtung vor sich gehende, Methode der Omnipräsenz, zu der er sich nur deshalb noch bequemt, weil er es eben, trotz aller Anstrengung, doch noch nicht restlos zustande gebracht hat, sich alles ins Haus zu liefern — worauf er eigentlich Anspruch erhebt.

Auf keinen Fall ist der in Millionen von Exemplaren reglos zu Hause in seinem Fauteuil hingegossene Radio- und Fernseh-Konsument, der die Welt in effigie von dort aus regiert: sie anschaltet, vor sich auffahren läßt und wieder ausschaltet — auf keinen Fall ist dieser Herr der Bildscharen untypischer für uns als der Flieger und Automobilist; umsoweniger, als ja auch dieser, wenn er über Land rollt, das Radio laufen läßt: also auch er sich die Genugtuung und die Tröstung verschafft, zu wissen, daß nicht nur er hinaus in die Welt muß, sondern die Welt auch hin zu ihm; und daß sich diese (nun zur Strafe hinter ihm her und mit ihm mitrollend) eigentlich ausschließlich zu dem Zweck abspiele, um ihm aufzuspielen.* 

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sie sich nun also zum zweiten Male auf den Weg zu ihrem Phantomhändler. Daß sie es war, die da loszog, ist freilich keine ganz genaue Aussage. Mit ihrem neuen Haar, ihrer neuen Nase, ihrer neuen Figur, ihrem neuen Gang, ihrem neuen Lächeln (oder vielmehr mit altem, längst gesehenen Haar, mit überall gesehener Nase, mit überall gesehenem Lächeln) war sie eine Fertigware, ein unbestimmter Artikel, eine völlig andere; "alle anderen".*  

"Um so besser", behauptete sie, und sie hatte wohl recht. Denn daß, wie sie nun nach ihrer zweiten Probeaufnahme erzählte, der Phantomhändler sie nicht wiedererkannt habe, sei ihr sofort als günstiges Vorzeichen vorgekommen und habe (wenn dieser Ausdruck hier noch am Platz ist) ihr „Selbstbewußtsein" bei der Prüfung enorm gehoben. — Und heute, nach vierzehn Tagen, siehe da, heute ist es nun also so weit, die Nachricht ist da, das Unwahrscheinliche ist geschehen, die neue Probe als o. k. akzeptiert, der Traum ihres Lebens erfüllt, und die Erfüllung wird ihr kontraktlich bestätigt werden. In andern Worten: Sie ist zum Range einer Matrize für Matrizen aufgestiegen, darf als Matrize jener Filmbilder dienen, die ihrerseits wieder als Matrizen unseres Geschmacks dienen werden. — Natürlich behauptet sie, wahnsinnig glücklich darüber zu sein. Ich weiß nicht recht. 

Die Umpräge-Prozedur hat sie so ernstlich beschädigt, daß es mir schwer fällt, zu behaupten, sie sei es, die glücklich sei. Die andere, die neue, die ist es vielleicht; aber die kenne ich nicht, und die kann mir gestohlen bleiben. Und da nur die noch existiert, da das Mädchen, das auf der Straße neben mir geht, sich bereits so bewegt wie das auf dem akzeptierten Probebild, und so wie man es auf den künftigen von ihr erwartet; da sie also schon heute zum Abbild ihres Bildes, zur Reproduktion ihrer künftigen Reproduktionen geworden ist, ist sie verschwunden; und das endgültige Goodbye, das sie, wenn auch noch nicht ausgesprochen, so doch schon vollzogen hat, ist vermutlich eine Frage von Tagen."

 

 

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§  28
Nicht der Betrachter, der Betrachtete ist beträchtlich

 

Obwohl, wie gesagt, diese Metamorphose nicht in unser ursprüngliches Beispielsgebiet hineingehört, ist sie doch, da sie die Anerkennung des Primats des Bildes vor dem Wirklichen als lebendiges Handlungsmotiv, und die Verwandlung in ein Matrizenbild als einen Lebensvorgang vorführt, besonders lehrreich. Die in unterer Untersuchung vertretene These, daß Bildsein heute als „seiender" gelte als Sein, wird durch den Fall vollends deutlich; weshalb wir weiter bei ihm verweilen.

 

V.s Gier nach Bildwerdung einfach mit den Worten .Eitelkeit' oder .Ruhmsucht' abzufertigen, wäre zu einfach. Eitelkeit und Ruhmsucht: die Sucht danach, in anderer Leute Munde und Auge bu »ein; und die Hoffnung darauf, durch dieses bei-Anderen-Sein mehr oder überhaupt erst zu sein — erklären ja nichts; sind ja vielmehr selbst Probleme, und zwar sehr undurchsichtige. —

Wie abertausend Andere war V. in einer Welt aufgewachsen, in der nur Phantome ('pictures') als erheblich angesehen worden waren, und die Phantom-Industrie (nicht zu Unrecht) als eine sensationell reelle Industrie gegolten hatte. Von dieser Welt, von der Matrizenkraft dieser Phantome und von deren Prestige, war sie geprägt worden. Innerhalb dieser Welt von Bildern zwar irgendwie zu „sein"; aber eben als Nicht-Bild, als Nicht-Vorbild, war für sie von früh auf eine Marter gewesen und bald zur Ursache eines nicht endenden Minderwertigkeits- und Nichtigkeitsgefühls geworden. 

Man mache sich die Ätiologie dieses Minderwertigkeitsgefühls klar, denn sie ist in der Geschichte erstmalig; und (auch wenn sie von der Individualpsychologie, die von nichts als Minderwertigkeitsgefühlen handelt, noch nicht entdeckt ist) deren heute entscheidende Spielart: Denn nicht aus Mitmenschen besteht heute die Vorbild-Welt, die den Unsicheren einschüchtert, sondern aus Mensch-Phantomen und sogar aus Dingen.*

Nicht vor der bedrohlichen Folie ihrer Eltern oder Geschwister, ihrer Nebenbuhlerinnen

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in der Schule oder am Strande, hatte V. sich als inferior gefühlt, sondern vor der Folie reproduzierter Bilder. Und nicht Zeichen einer mangelnden 'gesellschaftlichen' Adaptiertheit war ihre Neurose gewesen, sondern — schon in der Einleitung hatten wir auf einen analogen Fall hingewiesen — Symptom einer mangelnden technischen Adaptiertheit an die Bildwelt. 

Auf ähnliche Weise, wie es für einen Bürger eine Qual gewesen sein mag, als anonymer und 'nicht zählender' Nicht-Aristokrat in einer ausschließlich aristokratischen Welt zu leben, war es für sie unerträglich, innerhalb der Welt der vorbildlichen Phantome zu leben.* Ständig litt sie unter dem Gefühl, eine quantite négligeable, wenn nicht sogar ein Nichts zu sein; unter der Angst davor, eines schönen Tages (sofern sie ihren Aufstieg, ihre Phantomwerdung nicht durchsetzte) feststellen zu müssen, niemals dagewesen zu sein — kurz: sie litt unter fehlendem ontologischen Prestige. Wenn sie also ihren Berufskampf, ihren Kampf um Phantom­werdung, aufnahm, so um seiender, um überhaupt erst seiend zu werden. In Umkehrung der Mignon-Zeile "Laß mich scheinen, bis ich werde", hätte sie sagen dürfen: „Laß mich werden, bis ich scheine". Um als scheinende sein zu dürfen.

Deutlicher als sie selbst es mit zwei drei hingeworfenen Wortbrocken tat, können wir ihre Gier nach Sein durch Schein gar nicht formulieren:

 

Tagebuch

„Kaum war ihr die Selbstverwandlung geglückt, als sie (mit einer Verachtung gegen ihr früheres Leben, die bewies, auf wie hoher ontologischer Sprosse sie nun arriviert zu sein glaubte) ausrief: „Mein Gott, was war ich vorher schon gewesen!" — Was sie meinte, war natürlich: ein Nichts; und zwar ein Nichts deshalb, weil sie früher eben 'nur gewesen', 'nur dagewesen' war; immer nur als sie selbst, immer nur in der Einzahl, und immer nur dort, wo sie gerade existiert hatte. Weil sie, negativ ausgedrückt, als nicht-Bearbeitetes und nicht-Reproduziertes nicht dafür in Betracht gekommen war, betrachtet zu werden; weil sie keine Verifizierung für ihr Sein gefunden hatte; weil es keinen Konsumenten gegeben hatte, der den Empfang ihres Daseins quittiert; keine Vielzahl von

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Konsumenten, die, von ihr geprägt, en masse ihr Dasein bestätigt hätten. Kurz: sie war kein Vorbild gewesen, keine Massen­ware, kein „Was"; sondern letztlich nur ein anonymer „Wer". Und innerhalb der Welt, von der sie umgeben war, hatte sie ja recht damit: gemessen am Seinsrang eines „Was" ist eben in der Hollywood-Welt, wer nur ein „Wer" ist, ein Nichts und nicht „da".

 

In diese Worte gekleidet hatte V. das natürlich nicht. Aber in ihren Ohren wären diese Argumente eben ,truisms' gewesen: Trivialitäten, die eigens zu formulieren, sich erübrigt. Und wenn man als Axiom der Wirtschaftsontologie akzeptiert, daß „Unverarbeitetes nicht ist" bzw. daß „Realität erst durch Reproduktion erzeugt wird" .verstehen sie sich ja wirklich von selbst. Was V. getan hatte, war in der Tat nichts als die Anwendung dieser Axiome gewesen, deren Wahrheit zu beargwöhnen sie keine Ursache hatte, da diese in ihrer Welt unbedingt gegolten, und da sie reibungslos funktioniert hatten.

Daß ich ihren Ausruf: „Was war ich vorher schon gewesen!" nicht unerwidert ließ, sie vielmehr stichelte, weil sie .eigentliches Dasein' erst in demjenigen Augenblick gewonnen zu haben glaubte, in dem sie sich ent-eignet, also ihres eigenen Selbst beraubt hatte, war gewiß nicht ganz fair gegen ihre Arbeitsleistung:  Wer es, wie sie, im Schweiße des Angesichts endlich zuwege gebracht hat, ein „Was" zu sein statt ein „Wer", für den muß natürlich derjenige, der sich noch immer als bloßer „Wer" herumtreibt und sich sogar etwas darauf zugutehält, als ein lächerlicher Wicht dastehen. Und als den verspottete sie mich nun. "Du mit deinem Selbst!" höhnte sie nämlich zurück. "Wer fragt danach schon?" Da sie mit ihrer letzten Redensart die Nachfrage zum Maßstab des Wertes und zum Kriterium des Seins machte, stopfte sie mir den Mund. —

 

Ich sagte: sie habe sich in der Bilderwelt gefühlt wie ein Bürger in einer ausschließlich feudalen Welt; als 'Luft'; als 'niemand'. Und wirklich bietet sich, wenn ich mir den neuen Stil ihres Auf-

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tretens: ihre Gestik, ihren Stimmfall, ihren Schritt zurückzurufen »i versuche, kein anderer Vergleich an als der mit dem Snob, der seine Zugehörigkeit zum Adel durchgesetzt hat und diese nun übertreibt. Daß das griechische Wort für 'adlig', XXX [griech.], von der griechischen Stammsilbe für „Sein" abgeleitet, denjenigen bezeichnet, der als 'seiend' zählt, dessen Seins-Grad höher ist als der der Anderen, ist ja kein Zufall. Und höher als der der Anderen war V.s Seins-Grad nun also, da sie als bearbeitetes Produkt, als prospektives Vorbild zahlloser Kopien, als Massenware, da war, während sie vorher, in ihrer blamablen Vorzeit, als unbearbeiteter Rohstoff und als unseliger Singular nur der dunklen Tiefe, nur der armseligen Plebs der Konsumenten zugehört hatte.

Daß es ihr Aufstieg in den Rang der Massenware gewesen war, was ihr den Adel verschaffte, klingt natürlich befremdlich. Masse und Adel widersprechen einander. Aber ob wir formulieren: "Ihr Aufstieg in die Matrizenwelt", in der sie Vorbild wird; oder: "Der in die Bilderwelt"; oder "Der in die Welt der Massenware", läuft auf eines heraus. Denn nur Vorbilder werden eben Bilder; und Bilder werden sie eben durch ihre massenhafte Vervielfältigung.*

Im übrigen hat die Ranghöhe der Massenprodukte noch eine andere Wurzel: Ein beträchtlicher Teil heutiger Waren ist ja nicht eigentlich unsertwegen da; vielmehr sind wir dazu da, um als Käufer und Konsumenten deren Weiterproduktion zu sichern. Wenn aber unser Konsumbedürfnis (und in dessen Gefolge unser Lebensstil) zu dem Zwecke geschaffen, mindestens mitgeprägt, wird, damit die Waren abgesetzt werden, dann sind wir ja nur Mittel: und als Mittel sind wir den Zwecken ontologisch unterlegen. Wer es aber, wie V., durchsetzt, sich aus dieser dunklen Tiefe in jene lichten Höhen aufzuschwingen, in denen er, statt von Konsumgütern zu leben, selbst als Konsumgut in Betracht kommt, der wird nun 'beträchtlich', der gehört nun einer anderen Seinsart an.

Dieses in-Betracht-Kommen, das Beträchtlichwerden, war ja in V.s Falle besonders plausibel, weil sie nun, als Teil der Picture Industry, zu etwas geworden war, was wirklich betrachtet werden sollte. —

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Tagebuch

"Da sie nun also dafür in Betracht kommt, betrachtet zu werden, kann sie einen Wicht wie mich, der im besten Falle, aber selbst das selten genug, als Phantom-Konsument in Frage kommt, natürlich nicht mehr anerkennen. Die Verbindung mit einem Wirklichen ist für ein Phantom eben eine glatte Mesalliance, die einer Ware mit einem Konsumenten einfach 'unmöglich'. Um Gesellschaft zu finden, wird sich V. daher nun wohl unter ihresgleichen: unter Phantomen, umsehen müssen; oder nicht ,müssen', denn der Kreis der Phantome ist ja eine (zwar allen sichtbare, aber niemandem erreichbare) Welt für sich; und in ihr wird sie ja nun automatisch aufgenommen werden. Kein Zweifel, daß sie dort jemanden finden wird, „etwas" finden wird, was gleichfalls ein 'was' ist; etwas, das, ihr gleich, ausschließlich für das allgemeine Betrachtetwerden lebt, eine gleichfalls larvenhaft fühlende Brust, mit der sie nun ein Warenherz und eine Warenseele sein kann und der nun als 'beträchtlicher' match für sie gelten wird. —"

Wenn in solchen Fällen einfach formale Intelligenz entschiede, wäre V. durchaus nicht unfähig gewesen, zu verstehen, was ich meinte: denn an Intelligenz fehlt es ihr nicht. Aber Verstehen hängt nicht nur von Verstand ab, sondern von dem Stand, den man einnimmt. Der Adelsstand, dem sie nun zugehörte, verbot ihr nun, derartiges noch zu verstehen: wenn es 'beyond her' war, so nicht, weil es 'above her' gewesen wäre, sondern umgekehrt, weil es 'below her' war; das heißt: weil sie bereits zu weit oben war, als daß sie mich noch hätte verstehen dürfen. Deshalb wäre es auch unfair gewesen, ihr schlechten Willen vorzuwerfen oder ihr zu zürnen. Nicht sie war es ja, die agierte; sie tat nur 'mit'. Und es wäre geradezu Anmaßung gewesen, wäre sie gegen den Strom geschwommen, hätte sie die Unterstellung abgelehnt, die alle Welt Umkreis als Selbstverständlichkeit anerkannte: Daß, Ware zu werden, eine Beförderung; und als Ware genossen zu werden, einen Seinsbeweis darstelle. 

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